Vor kurzem weilte ich für einige Wochen in Australien. Gegen Ende des inspirienden Aufenthalts in «Down Under» fehlte mir noch ein schöner Erinnerungsgegenstand. So durchforstete ich an einem Sonntagmorgen den bunten Markt von Manly Beach/Sydney nach einem passenden Stück. An einem Stand mit selbst hergestellten Postkarten blieb ich stehen und schaute mir die verschiedenen Exponate an: gemalte Bilder mit den typischen australischen Landschaften, Blumen, Aborigines-Imitate und ganz viele Fotokarten mit Sprüchen, lustige, besinnliche, belehrende, komische – doch, so ganz gefallen mag mir eigentlich keine Karte. Problem noch nicht gelöst, ich suche weiter!
Plötzlich strahlte meine Tochter mich an und sagte: «Schau mal Papa, diese Karte zeigt doch genau das, was Du uns ständig von deiner Arbeit erzählst.» «Wow, super», entgegnete ich ihr. Mit freudiger Begeisterung kaufte ich mir die oben abgebildete Karte mit dem Spruch: If you only focus the problem, you might miss the solution. Oder übersetzt: Wenn Sie sich nur auf das Problem fokussieren, verpassen Sie möglicherweise die Lösung.
Oh, wie sehr ich diesen Zustand kenne…
Ich halte einen Moment inne und bemerke, wie gut ich diesen Zustand aus meiner Coachingarbeit, und auch von mir selbst kenne: Ich stehe an, die Gedanken kreisen stets um das gleiche unangenehme, scheinbar unlösbare Problem. Kein Ausweg, keine Lösung ist in Sicht, keine «richtige» Entscheidung ist für mich erkennbar. Die Gefühle fahren Achterbahn.
Plötzlich – meist ohne, dass ich etwas Wesentliches dazu beigetragen hätte – löst sich der Problemfokus, oder besser gesagt: Ich löse mich von dem Problem. Das passiert beispielsweise indem ich Sport treibe, spazieren gehe oder mich mit etwas ganz anderem beschäftige. In diesem Moment lenke ich meine Gedanken unbewusst weg von dem Problem auf etwas, das mich freut, was ich gut kann oder was jetzt einfach zu tun ist. Putzen hilft übrigens auch – und ist zudem sehr wirkungsvoll…:)
Ein anderer Weg: lösungsfokussiertes Coaching
Genau so nützlich und wirksam ist es, jemanden mit lösungsorientierten Fragen im Rahmen eines professionellen Coachings aus dieser «Problemtrance zu erlösen». In diesem Zusammenhang gibt es ein schönes Zitat von Steve de Shazer, einem der Pioniere des lösungsfokussierten Coachings: «Der Lösung ist es egal, wie das Problem entstanden ist.»
Ob ich mich selbst von dem Problem löse oder durch ein Coaching lösungsorientiert begleitet werde: In beiden Fällen lasse ich meine problemfokussierten Gedanken los, gebe den oft sich verkrampfenden Versuch auf, das Problem unbedingt mit meinem Verstand, mit meinem Tun ultimativ jetzt lösen zu müssen – und komme so bewusst oder unbewusst gedanklich wieder in Bewegung und nicht selten zu neuer kreativen Energie.
Ich staune immer wieder, wie viel Zeit wir Menschen damit verbringen einander unsere Probleme ausführlich – und nicht selten immer und immer wieder – zu schildern und wir uns damit gegenseitig problembelastet nähren. Das bringt aus meiner Sicht wenig, um nicht zu sagen gar nix! Denn vor lauter Fokussierung auf das Problem entgeht uns – wie bei der Katze, die Stunde um Stunde das verschlossene Gitter anstarrt – die Chance für eine mögliche Lösung, die sich entweder wie von selbst, von aussen (wie durch meine Tochter) oder durch neue Sichtweisen und Perspektiven, die wir einnehmen, einstellt. Probieren Sie es aus!
Moderation eines lösungsorientierten Fachaustauschs
Zum Abschluss dieses Themas noch ein Hinweis in eigener Sache: Ab 7. September starte ich zusammen mit meiner Kollegin Simone Gaio ein neues Angebot für einen praxisbezogenen Fachaustausch: Sol-Pool (sol = Kürzel für Solution). Herzlich eingeladen sind alle, die vom lösungsfokussierten Arbeiten und Coachen ebenso begeistert sind wie wir. Weitere Informationen finden Sie hier >>>
Ich hoffe, Sie hatten oder haben noch erholsame Ferien. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen einen guten und erfolgreichen Wiedereinstieg in die Arbeit und weiterhin viel Leichtigkeit, durch das Sich-vom-Problem-Lösen ein Problem zu lösen…
Es grüsst Sie herzlich
Eugen Staub
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