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IMPULSLETTER #18 • OKTOBER 2020

Die Kraft der Stille und Ruhe

«Schon lange nichts mehr gelesen von Dir!» Diesen Satz habe ich in letzter Zeit öfters von Menschen gehört, die meinen Impulsletter erhalten. «Ja, stimmt. Ich habe auch nichts zu sagen», lautete dann in der Regel meine Antwort. Denn ich hatte den Eindruck, dass aktuell sehr viel gesagt, geschrieben, diskutiert und auch gestritten wird. Vielleicht zuviel.

Die Medien sind voll mit «Gesagtem»

Die Zeitungen, Online- und Social-Medien sind prall gefüllt mit dem Corona-Thema, mit Schutzkonzepten, Szenarien, Auswirkungen, Verhaltensweisen, Impfungen etc. Jeder scheint mittlerweile zum Experten mutiert zu sein und weiss es besser. Das Vertrauen in die Politik und Wissenschaft bröckelt. Andersdenkende Menschen werden als «Corona-Leugner» oder «Verschwörungstheoretiker» stigmatisiert. Und jetzt bin ich mit diesem Impulsletter in der genau gleichen «Weiter-Erzähl-Mühle» und bestätige die Aussage des bekannten Münchner Kabarettisten Karl Valentin: «Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.»

Ein Glas mit trübem Wasser und aufgewirbelten Partikeln

Mich erinnert diese Diskussion und Zeit an einen Sturm im Wasserglas, der alles aufwirbelt und durcheinanderbringt. Ich kann nicht mehr klar sehen, fühle mich hin-, her- und mitgerissen – genauso wie auf dem obigen Bild mit dem Glas und dem aufgewirbelten Dreck. Dieses Bild entstammt aus meiner Zen-Zeit mit Marcel Steiner, als er die Wirkung von Meditation und Stille aufzeigen wollte. Er stellte dafür ein Glas mit Erde in die Mitte, wirbelte alles auf – für mich zurzeit sinnbildlich für unser aktuell durcheinander gebrachtes Leben. Was passiert, wenn wir immer weiter im Wasser wühlen? Es wirbelt weiter, und das Wasser bleibt trübe.

Hören wir hingegen auf, das Wasser fortlaufend durcheinander zuwirbeln, es wird still. Die Erdpartikel sinken ab, es wird klarer. Ich kann wieder durch das Wasser blicken. Gleichzeitig verschwindet nicht alles, manches schwimmt vielleicht auch oben drauf. Wichtige Aspekte meines Lebens zeigen sich. Die Spreu trennt sich vom Weizen.

 

Die Ruhe: kraftvoll, wohltuend und förderlich

Genau das hat mir in den vergangenen Wochen Monaten immer wieder gutgetan: in die Stille zu gehen, am Morgen früh aufzustehen und einfach die Ruhe zu geniessen, bei einem Waldspaziergang oder während einer Meditation.

Auch im direkten Kontakt unter Menschen gibt es diese stillen Momente. Ich verbrachte neulich einen Abend mit einem guten Freund. Wir redeten über dies und jenes. Das Gespräch war geprägt von Empathie und Offenheit. Ganz plötzlich verstummte der Dialog und wir wurden still. Wir haben nicht geschwiegen, weil wir uns nichts mehr zu sagen hatten, sondern weil es stimmig war, weil es uns gut tat. Die ausgetauschten Worte hatten in diesem stillen Moment die Gelegenheit sich zu setzen und nachzuklingen.

Die Ruhe hat ihre Kraft. Seien Sie experimentierfreudig und mutig! Unterbrechen Sie beispielsweise ein Gespräch mit nahen Menschen bewusst mit fünf Minuten Stille. Für ein gutes Gespräch sind Pausen genau so wichtig wie Worte. Oder lassen Sie sich von der Wirkung überzeugen, wenn Sie ein Teammeeting mit einer kurzen Ruhesequenz starten.

Führen Sie Gespräche – auch im geschäftlichen Kontext – öfters mal im Freien bei einem Spaziergang. Schweigepausen sind dabei ganz natürlich und fördern deutlich die Qualität des Austauschs.

Analog dem Rhythmus der Natur…

Manchmal klärt sich – wie beim Wasserglas – auch im Leben einiges, indem wir einfach innehalten, ruhig werden, unsere Augen schliessen, tief durchatmen und es vermeiden immer weiter und weiter «zu wirbeln».

Die Natur ist uns Vorbild mit dem Tag-Nacht-Rhythmus oder den vier Jahreszeiten. Gerade jetzt erleben wir, wie sich die Natur auf die ruhende Winterzeit vorbereitet und die Energie sich zurückzieht. Bei genauer Betrachtung jedoch ist alles Neue in Form von gut geschützten Knospen bereits angelegt – vertrauend und zuversichtlich, dass der nächste Frühling kommen wird und um dann mit voller Energie wieder zu erblühen.

Ich selbst erlebe das genau gleich: Nach einer Ruhephase und Besinnung bin ich frisch und gestärkt, um Menschen und Teams auf dem Weg zu unterstützen, Prozesse zu moderieren, Neues anzupacken!

Eine kleine Geschichte für stille Tage

Eines Tages kamen einige Menschenzu einem einsamen Mönch. Sie fragten ihn: «Was für einen Sinn siehst du in deinem Leben der Stille und Meditation?» Der Mönch war mit dem Schöpfen von Wasser aus einem tiefen Brunnen beschäftigt. Er sprach zu seinen Besuchern: «Schaut in den Brunnen. Was seht ihr?»

Die Leute blickten in den tiefen Brunnen: «Wir sehen nichts!» Nach einer kurzen Weile forderte der Mönch die Leute erneut auf: «Schaut in den Brunnen! Was seht ihr jetzt?» Die Leute blickten erneut hinunter: «Ja, jetzt sehen wir uns selber!»

Der Mönch sprach: «Nun, als ich vorhin Wasser schöpfte, war das Wasser unruhig. Jetzt ist das Wasser ruhig. Das ist die Erfahrung der Stille und der Meditation: Man sieht sich selber! Und nun wartet noch eine Weile.»

Nach einer Weile sagte der Mönch erneut: «Schaut jetzt in den Brunnen. Was seht ihr?» Die Menschen schauten hinunter: «Nun sehen wir die Steine auf dem Grund des Brunnens.» Da erklärte der Mönch: «Das ist die Erfahrung der Stille und der Meditation. Wenn man lange genug wartet, sieht man den Grund aller Dinge.»

In welcher Phase dieses immerwährenden Zyklus Sie jetzt gerade auch sein mögen: Ich wünsche Ihnen Klarheit, Kraft und Mut das zu tun, was Ihnen gut tut.

Mit herbstlichen Grüssen

Eugen Staub


«Die grössten Ereignisse,
das sind nicht unsere lautesten,
sondern unsere stillsten Stunden.»

Friedrich Nietzsche, dt. Philosoph (1844-1900)

 

ALLGEMEINE HINWEISE

In unregelmässigen Abständen informiere ich mit diesem Impulsletter über nützliche Entdeckungen, spannende Erfahrungen und lösungsfokussierte Inputs.
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